Gefangene im Strafvollzug haben Rechte, die ihnen oft vorenthalten werden. Zu diesen gehört auch das Recht, sich zu organisieren.

Mission Statement

Die „Union für die Rechte von Gefangenen“ wurde von Gefangenen und im Gefängnis gegründet. In der Union vertreten Gefangene ihre Interessen selbst und verteidigen ihre Rechte. Die Mitgliedschaft in der Union ist für alle Gefangenen offen – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Nationalität/Ethnizität, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer körperlichen Verfasstheit oder ihrer politischen Einstellungen.

Die Union unterstützt gemeinsame Aktivitäten und Forderungen von Gefangenen und hilft auch bei individuellen Problemen. Sie bemüht sich auch darum, öffentliches Interesse für die Situation im Gefängnis zu schaffen und beantwortet gerne Anfragen von Medien und anderen Interessierten. Mitglieder der Union publizieren regelmäßig in der Zeitschrift „Blickpunkte“ und verbreiten Informationen für Gefangene und Angehörige über die Radiosendung „Café LG – Grüße ins Gefängnis/ Pozdravi za zatvorenike“.

Alle ordentlichen Mitglieder der Union sind Gefangene. Sie werden von natürlichen und juristischen Personen als außerordentliche Mitglieder außerhalb des Gefängnisses in ihrer Arbeit unterstützt. Eines dieser außerordentlichen Mitglieder ist die „Solidaritätsgruppe für eine Gefangenengewerkschaft Österreich“. Die Solidaritätsgruppe übernimmt für die Union u.a. die Mitglieder- und Finanzverwaltung.

Die „Solidaritätsgruppe für eine Gefangenengewerkschaft Österreich“ steht staatlicher Repression im Allgemeinen und Gefängnissen im Besonderen kritisch gegenüber. Sie versteht sich als anti-rassistische und anti-sexistische Initiative und lehnt jede Art der Diskriminierung ab. Die Solidaritätsgruppe tritt für eine Abschaffung von Gefängnissen ein, sieht aber in der gegenwärtigen Situation die Notwendigkeit, die Bedingungen in Gefängnissen zu verbessern.

Die Vorgeschichte

Ganze sieben Jahre lang hat es gedauert bis die „Union für die Rechte von Gefangenen“ in Österreich 2022 rechtsmäßig gegründet werden konnte.

Im Jahr 2014 wurde in Deutschland eine Gefangenengewerkschaft, die GG/BO (Gefangenen-Gewerkschaft/ bundesweite Organisation) von dem politischen Aktivisten Oliver Rast in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Berlin-Tegel gegründet. Nach diesem Vorbild wollten drei Gefangene in der österreichischen Justizanstalt (JA) Karlau – Herwig Baumgartner, Georg Huß und Oliver Riepan – im Herbst 2015 eine österreichische Gefangenengewerkschaft als Verein gründen. Diese Absicht wurde in der JA bekannt und die drei Gefangenen wurden in verschiedene Anstalten verlegt; Georg Huß wurde kurze Zeit später mit einem zehnjährigen Aufenthaltsverbot für Österreich bedingt entlassen.

Herwig Baumgartner und Oliver Riepan bemühten sich weiterhin um die Vereinsgründung, die dreimal mit unterschiedlichen Argumenten verhindert wurde; das Hauptargument war aber stets, dass die Arbeit im Gefängnis nicht freiwillig ist und es daher keine gewerkschaftliche Vertretung der Gefangenen geben kann.

Eins könnte nun lange darüber diskutieren, ob es Gewerkschaften nur für freiwillige Arbeit geben kann und welche Arbeit überhaupt freiwillig ist. Stattdessen wurde die pragmatische Lösung gewählt, einen Verein unter einem anderen Namen "Union für die Rechte von Gefangenen" zu gründen. Woraufhin die Behörde einen weiteren Untersagungsgrund fand: Gefangenen im Strafvollzug ist es verboten, mit anderen Gefangenen Geschäfte zu machen – und ein Verein stellt ein Rechtsgeschäft dar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Anwalt Stephan Vesco in Vertretung von Oliver Riepan Beschwerde und argumentierte, dass die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein Grundrecht ist und das Geschäftsverbot daher eng ausgelegt werden muss. „Gefangene verlieren ihr Recht auf persönliche Freiheit, nicht aber ihre anderen Grundrechte“, so Stephan Vesco.
Nach einem kurzen Zwischenspiel, bei dem die Behörden nach weiteren bürokratischen Hindernissen suchten, wurde die Beschwerde angenommen und in einer mündlichen Verhandlung die Vereinsgründung gestattet, die dann im November 2022 stattfand.

Und jetzt..

Seitdem ist es möglich, Mitglied bei der „Union für die Rechte von Gefangenen“ zu werden. Die ordentlichen Mitglieder der Union für die Rechte von Gefangenen (URvG) sind Personen im Straf- und Maßnahmenvollzug. Sie bestimmen die grundlegende Richtung der Arbeit der URvG. Personen und Organisationen, die die Arbeit der URvG von außen unterstützen wollen, können außerordentliche Mitglieder werden. Sie bezahlen einen geringen Mitgliedsbeitrag, während die ordentlichen Mitglieder selbstverständlich keinen Beitrag zahlen. Eines der außerordentlichen Mitglieder ist die „Solidaritätsgruppe für die Gründung einer Gefangenengewerkschaft Österreich“, die für die Union die Mitglieder- und Finanzverwaltung betreibt.

Die URvG verfolgt zwei grundsätzliche Zielsetzungen: die Unterstützung von Gefangenen bei gemeinsamen Aktionen und individuellen Problemen sowie Öffentlichkeitsarbeit, um ein breiteres Interesse an den Zuständen im Gefängnis zu erzielen. 

Die erste größere gemeinsame Aktion von Gefangenen seit der Gründung der URvG stellt eine Klage von fast zweihundert Gefangenen gegen den monopolistischen Betreiber von Geschäften im Gefängnis dar. Diese Klage wurde angenommen; eine Verhandlung hat noch nicht stattgefunden.

Im Rahmen der WIENWOCHE 2024 organisierte die URvG außerdem eine Ausstellung mit dem Titel „Wir sprechen für uns selbst“. Gefangene aller österreichischen Justizanstalten - darunter auch Mitglieder der URvG - konnten an einem Wettbewerb teilnehmen und Bilder und Texte einsenden. Ausführliche Informationen zur Ausstellung und dem Rahmenprogramm finden sich hier.

Die Mitglieder innerhalb und außerhalb des Gefängnisses stehen in regelmäßigem Briefkontakt zueinander sowie - wenn möglich - auch in telefonischem Kontakt. Gefangene erhalten von der URvG Informationen über ihre Rechte und werden bei der Abfassung von Anträgen und Beschwerden unterstützt. Einmal im Monat treffen sich außerordentliche URvG-Mitglieder und andere Interessierte, um Briefe ins Gefängnis zu schreiben und sich über ihre Tätigkeiten auszutauschen (siehe Mitmachen & Veranstaltungen).

Die Union veröffentlicht regelmäßig Informationen für Gefangene in der Sendung "Café LG-Grüße ins Gefängnis/ Pozdravi za zatvorenike" auf Radio Orange o94 und in der Zeitschrift "Blickpunkte. Unabhängiges Magazin zum Straf-und Maßnahmenvollzug". Gerne nehmen wir auch jede Gelegenheit wahr, mit anderen Medien sowie allen Interessierten über den Strafvollzug und unsere Arbeit zu sprechen.